Brauchtumsbrunnen
Künstler: Armin Göhringer (1954)
Aufstellungsjahr: 1989
Beschreibung
Armin Göhringer
Der heute in Zell am Harmersbach lebende Künstler stammt aus dem badischen Nordrach und studierte von 1976 bis 1982 an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach a. M. Danach arbeitete er freischaffend. Der sog. "Brauchtumsbrunnen " in Müllheim ist das letzte Werk in seinem figürlichen Schaffen. Danach änderte er seine Arbeitsweise radikal und gestaltet nur noch gegenstandsfreie Formen, wobei Holz, zum Teil bemalt, zum Teil geschichtet, sein bevorzugter Werkstoff geworden ist. Als Beispiel für die überzeugende Transzendenz seiner abstrakten Holzskulpturen sei u.a. auf die Altarraumgestaltung in der Kapelle des Magarete-Ruckmich-Hauses in Freiburg hingewiesen (2002); für den Müllheimer Auftrag hatte vor allem das Hansjakob-Denkmal in Haslach i. K. für die Qualität von Göhringers Werken den Ausschlag gegeben. Der Auftrag verlangte vom Künstler die Verbindung von bewegtem Wasser mit der Darstellung der die Müllheimer Fastnacht prägenden Narrenzünfte.
Göhringer löste die Aufgabe, in dem er ein offenes durchsichtiges Rahmengehäuse schuf, in dem er die Figuren auf vier Ebenen stellte, über die der Wasserlauf abwärts geführt wird. Durch die offene Anlage können auch Kinder die unteren Ebenen betreten und bei den Wasserspielen mitmischen. Der kreisförmige Grundriss suggeriert einen Effekt, der die Wiederkehr und die Dauer des Brauchtumsgeschehens sinnfällig unterstreicht. Die Figuren sind auf den vier Ebenen so verteilt, dass die oberen Gruppen die Tradition verkörpern, während in den bodennahen Zonen die neueren Gruppierungen angesiedelt sind. Im Zenit, auf dem Brunnen oben, ist das Scheiben schlagen dargestellt, ein im Markgräflerland verbreiteter alter Brauch, der am Sonntagabend nach Aschermittwoch stattfindet und als historischer Protest gegen die Synode von Benevent 1091 und ihre Vorverlegung der Fastenzeit um eine Woche verstanden werden kann.
So wird hier und im Elsass die Bauernfastnacht gefeiert, die am alten Termin festhält. Wie die allerorts entzündeten Fastnachtsfeuer setzt sich hier ein alter Feuerritus fort, der aus vorchristlicher Zeit übernommen wurde. Die Figurengruppe zeigt, wie ein Mann die Holzscheibe auf einen Haselstecken spießt und zwei andere Männer diese im Feuer zum Glühen bringen, bevor sie funkelnd ins Tal geschleudert werden.
Auf der folgenden unteren Ebene begegnet uns der "Hisgier " und die "Ufferbrut", er in einen Strohumhang gehüllt, sie weiß gekleidet und schleierverhangen, wie sie zur Fastnacht von Haus zu Haus ziehen und Zutaten für ein Backwerk erbetteln, das dann am Ende der Aktion gebacken und gegessen wird. In einigen Dörfern wird der Hisgier als Wintergestalt gedeutet und die Ufferbrut, d.h. Auffahrtsbraut, als Sommergestalt, die zudem in einem Zweikampf den durch seine Vermummung aus Stroh behinderten Hisgier besiegt.
Nach dem zweiten Weltkrieg erhielt die Müllheimer Fastnacht neue Impulse und deren Vertreter siedelte Göhringer auf den unteren Etagen an. Eine 1958 gegründete Narrenzunft nannte sich „Müllheimer Hudeli“ deren Namensträger Hudeli ein Weinbauerngeselle war. Seine Tracht bestand aus schwarzer halblanger Hose, weißem Hemd und roter Weste, blauer Jacke und schwarzer Zipfelmütze. Seine Beine mit weiß rot gestreiften Strümpfen steckten in Holzpantinen. Zu seinen Attributen gehören ein Weinfässchen und ein Stab mit dem Müllheimer Stadtwappen; begleitet wird er von "Hudelinchen" in entsprechender Tracht. Wir finden beide auf der zweituntersten Ebene des Narrenkarussells. Ein Ableger der Hudeli sind die "Wii-Küfer" neben ihnen, in geschnitzter Maske und von Wein geröteten Backen. Ganz rechts findet man ebenerdig noch den Müllheimer "Türken " aus dem Gefolge des Türken-Louis, dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, daneben den wolfähnlichen Dorfzottel und das Müllheimer Heidenmännle, die hier das Repertoire der Müllheimer Narren, denen noch weitere Cliquen angeschlossen werden könnten, vervollständigen. Der Künstler hat den Gesamtbestand der Zünfte etwas reduziert, der Überschaubarkeit wegen, die gerade in der sparsamen Besetzung große Wirkung zeigt.
Quelle: Buch "Kunst im öffentlichen Raum im Geschäftsbereich der Sparkasse Markgräflerland"
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